Die Adelsfamilie von Krockow und die kaschubische Kultur- und Begegnungsstätte in Krokowa – Fünf Fragen an Ulrich Graf von Krockow

Im Oktober 2019 jährt sich zum 20. Male der Beginn der Partnerschaft zwischen der Stiftung Europäische Begegnung Kaschubisches Kulturzentrum Krokowa und der Kulturstiftung Westpreußen, die ihrerseits die Zusammenarbeit zwischen dem Westpreußischen Landesmuseum und dem Regionalmuseum in Krokowa begründet hat. Aus diesem Anlass hat Ulrich Graf von Krockow dem Westpreußen ein ausführliches Interview gegeben und dabei einerseits Einblicke in die Geschichte seiner Familie gewährt, andererseits die Struktur der Stiftung sowie die Erfolge und Chancen der beispielhaften deutsch-polnischen Kooperation erhellt, deren Bedeutung für die westpreußische Kulturarbeit schwerlich überschätzt werden kann.

Graf Krockow, Krockow ist – wie schon der Name zeigt – aufs engste mit der Geschichte Ihrer Familie verknüpft. Welche Bedeutung hat das ganze bauliche Ensemble – einschließlich der Kirche mit der Grablege – inzwischen für Ihre seit 1945 in Westdeutschland lebende Familie ?

Das fängt ja mit einer schweren Frage an – passen wir auf, dass ich nicht zu weit aushole. – Bei der familiären Bedeutung muss ich nach den Generationen unterscheiden. Für meinen Vater (1913–2007) war es 1990 eine Rückkehr in seine alte Heimat, die er mit seiner neuen Heimat an der Mosel verband :  So entstanden Partnerschaften des Landkreises Trier-Saarburg mit dem Kreis Putzig sowie Partnerschaften zwischen den Städten bzw. Gemeinden Hermeskeil und Hela, Konz und Putzig, Schweich und Krockow sowie Ruwer und Kossakau (Kosakowo). Die Zahl der gegenseitigen Besuche, der Schüleraustausche und gemeinsamen Vorhaben ist inzwischen kaum noch zu überschauen. Als ältester Sohn, der 1945 auf der Flucht geboren wurde, habe ich meinen Vater unterstützt, um das Schloss zu retten. Vor Ort bildete es durchaus eine „sportliche“ Herausforderung für mich, das Schloss 1991/92 in Rekordzeit und im Rahmen des Finanzplans zu renovieren.

Ob diese Region mit ihren Bezeichnungen wie „Korridor“, „Küsten­kaschubei“, „Pommerellen“, „Putziger Land“, „Westpreußen“ oder „Nordpolen“ für meine Nachkommen noch interessant ist, weil sich dort über 700 Jahre die Geschichte der – als Landwirte zudem eng mit dem Boden verbundenen – Familie abgespielt hat, ist schwer zu beantworten, direkt wichtig für ihr Leben ist sie aber wohl nicht mehr. Meine Tochter hat in Krockow einen Winzer von der Mosel geheiratet ;  so wird nur mein ältester Enkel Egon an der Erde arbeiten (der übrigens aufgrund glücklicher Zufälle auch fließend polnisch zu sprechen vermag) ;  alle anderen Nachkommen hingegen werden niemals Kühe per Hand melken oder die Qualität von Ähren prüfen können, sondern in „Tastatur“-Berufen auf Englisch und Französisch (nicht auf Polnisch) weltweit an wechselnden Wohnorten und entfernt von Krockow arbeiten.

Wenn bei Familientreffen alle zwei Jahre in der Krypta oder im Park die Familiengeschichte vor Ort, die Rolle der Luise von Krockow oder diejenige meiner Eltern und Großeltern zu erläutern sind, –da bin ich unsicher, was das für die Jüngeren bedeutet. Vielleicht trägt Krockow in der „europäischen Kulturregion“ Westpreußen zu einer gewissen Erdung unserer Familie bei, vielleicht wird es in einer unübersichtlich sich entwickelnden Zeit zu einem Ruhepol, einem Ort der Rückbesinnung und einem familiären Zentrum. Und Anlässe für Familientreffen gibt es genug :  Meine Frau organisiert beispielsweise regelmäßig Bridge- und Kulturreisen nach Krockow, wo der hier heimische Club, der sein Spiellokal im Schloss unterhält, beim deutsch-polnischen Bridge-Turnier meistens die vorderen Plätze ergattert.

In jedem Fall gibt es die vielen, immer und immer wieder erzählten und mit Krockow verbundenen Geschichten, die ich auch mit mir herumtrage und manchmal – gerne – weitergebe. Dazu gehört – um Ihnen wenigstens ein Beispiel zu nennen – die folgende Situation aus einem Interview, das mein Vater 1999 dem polnischen Fernsehen gegeben hat : Auf die Frage, wie er den 1. September 1939 erlebt habe, antwortete er :  „Ich sah ab 7 Uhr die deutschen Flieger über Puck angreifen.“ Die Journalisten insistierten und wollten genauer wissen, was mein Vater nun angesichts des soeben ausgebrochenen Krieges denn unternommen hätte. Darauf sagte er ihnen :  „Ja, was denn ?  Ich verstehe die Frage nicht. Ich musste ganz schnell aufs Feld, um zur Ernte einzuteilen, denn wir waren spät dran in dem Jahr …“

Vor fast 30 Jahren wurde die Stiftung Europäische Begegnung Kaschubisches Kulturzentrum Krokowa gegründet, innerhalb derer Sie auch eng mit der Gemeinde zusammenwirken. Welche Erfahrungen haben Sie bei dieser „europäischen“ Initiative – und zwar gerade auch im politischen Raum – mit den Bemühungen um deutsch-polnische Kooperationen gemacht ?

Die Stiftungssatzung hat das polnisch-­deutsche Konsens-Prinzip für alle Organe vorgesehen ;  dieser strukturelle Zwang zur Kooperation und gemeinsamen Verantwortung verpflichtet zu frühzeitiger Rücksprache und zur Entwicklung überzeugender Argumente. Wichtig war, dass die Stiftung 1990 einstimmig durch den sich als proeuropäisch verstehenden Gemeinderat angenommen wurde. Er bestand zu dieser Zeit zur Hälfte aus polnischen Vertriebenen, die nach 1945 in der Kaschubei angesiedelt worden waren.

Im höchsten Organ, dem Stiftungsrat, sind vier Institutionen vertreten :  die Gründer, die „Ko-Fundatoren“, und zwar die Verbandsgemeinde Krokowa und die deutsche gemeinnützige Stiftung, in der die Familie mitarbeitet ;  hinzu kommen die Kulturstiftung Westpreußen und das Nationalmuseum in Danzig. Jeder Ratsbeschluss bedarf der Mehrheit, in bestimmten Fällen der Einstimmigkeit, so dass stets ein polnisch-deutscher Konsens hergestellt werden muss. In den Vorstand, der für den operativen Bereich zuständig ist, entsendet jeder Ko-Fundator einen Vertreter, so dass auch in der Tagesarbeit und im Finanzwesen ein gemeinschaftliches Handeln gesichert ist. Diese Struktur war an diejenige der großen „Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit“ (Fundacja Współpracy Polsko-Niemieckiej) in Warschau angelehnt worden, die die Renovierung finanziert hat und bis heute einzelne Projekte fördert.

Trotz dieser erfolgreichen gemeinsamen Arbeit soll allerdings auch nicht verschwiegen werden, dass die Anfänge durchaus schwierig waren. Zunächst galt es, Missverständnisse auszuräumen und auch lauter Kritik aus Danzig oder Warschau – aber auch aus Kreisen der vertriebenen Westpreußen – entschieden entgegenzutreten. Diese Probleme blieben bald zurück, nachdem die Begegnungsstätte erst einmal ihren Betrieb aufgenommen hatte ;  und vor Ort fand die Arbeit sowieso von Anfang an Zustimmung, denn da neue Wohnungen entstanden und weitere Arbeitsplätze geschaffen wurden, ergaben sich handfeste Vorteile für die Gemeinde. Zudem fand das Projekt mannigfache Unterstützung in Polen – vom Landkreis Putzig, von der Woiwodschaft oder dem Warschauer Kulturministerium – wie auch von deutscher Seite – besonders vom Generalkonsulat in Danzig, vom Landkreis Trier-Saarburg und der Verbandsgemeinde Schweich.

Immer noch ist das Eis aber dünn, denn die Belastungen durch den Zweiten Weltkrieg, in unserer Region vor allem die Massaker im nahen Wald von Piasnitz, bleiben weiterhin spürbar. Letztlich ist nicht auszuschließen, dass auf die langjährige gute deutsch-polnische Zusammenarbeit in Krockow neue Schatten fallen.

Ergeben sich spezifische Betrachtungsweisen und besondere Chancen daraus, dass das Kulturzentrum sich ausdrücklich als „kaschubische“ Institution versteht ?

Die Satzung der Stiftung selbst fordert die Einrichtung einer Kaschubischen ­Kultur- und Begegnungsstätte sowie die Erhaltung der Tradition und Kultur der Nordkaschubei. – Krockow als heute nördlichstes Schloss Polens liegt in der sogenannten Küstenkaschubei, an der meernahen und als sicher angesehenen Ost-West-Straße und einen Tagesmarsch von Danzig entfernt :  Dorthin führte die erste Etappe auf dem mittelalterlichen Jakobus­weg, der von Danzig seinen Ausgang nahm. Er führt durch eine Region, in der nach dem Urteil des Danziger Historikers Andrzej Groth das größte „Durcheinander“ in Europa herrschte :  auf der einen Seite ethnisch mit Kaschuben, Polen und Deutschen, mit den sogenannten Holländern – den „Olendri“, die ab 1600 die meernahen ­Sümpfe hart nördlich von Krockow in Karwenbruch (Karwieńskie Błota) trockenlegten –, aber auch Schweden, Schotten und Franzosen ;  auf der anderen Seite religiös-konfessionell mit der viel zu kurz greifenden, vordergründigen Zuordnung der Polen zum Katholizismus und der Deutschen zum Protestantismus. Um nur ein Beispiel zu nennen :  In der Kirche von Krockow, die fast 400 Jahre lang evangelisch gewesen war und 1947 wieder katholisch wurde, hat mein Vater in der Zwischenkriegszeit noch von der Familienempore aus die Mennoniten (Olendri) mit ihren Bärten beobachtet.

Das Mosaikartige prägt sich auch in der Sprache aus. In Krockow wurde gleichermaßen deutsch, polnisch und kaschubisch gesprochen ;  und das Kaschubische ist ein regelrechtes Sprachmuseum mit vielen (nieder-)deutschen Einsprengseln :  „festmeter“, „buksa“, „waserwaga“, „brotrichtig“ oder „dopeldekel“ sind noch leicht zu erkennen, aber was bedeutet „galop-­kasta“? (Dieses Wort bezeichnet die „Gangschaltung“.) Noch charakteristischer ist eine Perfekt-Bildung wie „mam kepiony“ (ich habe gekauft), die es in dieser Form im Slawischen überhaupt nicht gibt.

Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Kulturen bestimmt nicht zuletzt auch die Geschichte meiner Familie. Danziger Historiker vertreten die Auffassung, dass die Krockows von hier (tutaj), also Hiesige (tutejszy) und eine der ältesten kaschubischen Familien seien, die aber sowohl in polnischen wie in preußisch-­deutschen Adelsverzeichnissen geführt wurden. Nach den 2.000 Dokumenten zur Familiengeschichte, die nach 1945 vom Schloss in das Nationalarchiv Danzig verlagert wurden, müsste es sich sogar um die älteste belegte kaschubische Familie handeln. Neben dem Schloss zeigt dies die benachbarte Kirche. Dort gründete Peter bzw. Pjotr Krockow 1300 die Pfarrei ;  1498 errichtete Lorenz bzw. Wawrzyniec Krockow, der den Beinamen „der Kaschube“ trug, einen Holzbau. 1833 dann erfolgte ein Umbau der Kirche durch Karl Krockow, der sich von Notre Dame in Paris inspirieren ließ. Es ist selten, dass sich eine Familie über 700 Jahre auf einem Besitz halten konnte, und von denen – vereinfacht gesprochen – etwa in der Hälfte der Zeit eher das „Polnische“ und in weiteren 350 Jahre eher das „Deutsche“ dominiert haben.

Der Erfolg unseres Gesamtprojekts wird wesentlich davon mitgetragen, dass es in Polen erfreulicherweise gelungen ist, die kaschubische Sprache und Kultur institutionell dauerhaft zu fördern. Die Gruppe der Kaschuben wird mittlerweile auf 500.000 Zugehörige geschätzt, und deren Zahl scheint weiter zu wachsen, da heutige Bewohner sich zunehmend mit der kaschubischen Sprache, Kultur und Geschichte identifizieren. Die Werbeprospekte selbst kleiner Ortschaften rund um Krockow zeigen, dass alle ideologischen Vorgaben der kommunistischen Zeit gänzlich überwunden worden sind. Dazu hat auch unsere Arbeit beigetragen. Kaschuben müssen heute nicht mehr, wie Günter Grass es formulierte, immer zwei Flaggen im Schrank haben („man weiß nie, was kommt“), und zwar weder eine polnische noch eine deutsche, sondern nur noch eine kaschubische. Auch die Flagge des Schlosses zeigt die landestypischen Farben Schwarz für die Erde und Gold für die Ernte. Das erste Hinweisschild in kaschubischer Sprache, das in Krockow aufgestellt wurde, habe ich übrigens mit veranlasst :  dort wird das Wort „Begegnungsstätte“ mit „möl zindzeniow“ übersetzt.

Heute wirkt sich die Kennzeichnung „kaschubisch“ sogar im Marketing sehr positiv aus ;  und der küstennahe Tourismus bietet große Chancen, das Leben der Bewohner zu verbessern. Auch das Schloss mit seiner geschichtsträchtigen Umgebung bietet Besuchern aus Polen und Deutschland attraktive Anlaufpunkte.

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang natürlich das seit einigen Jahren von Grazina Patryn geleitete Regionalmuseum mit seinen erfolgreichen Ausstellungen und eindrucksvollen Publikationen. Besucher interessieren sich z. B. für die heute wieder gepflegten ehemaligen evangelischen und mennonitischen Friedhöfe oder auch für die Legenden bzw. Geschichten von Krockower Brüdern, die jeweils auf entgegengesetzten Seiten gekämpft haben – 1410 bei Tannenberg und 1939 beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Des Weiteren können die Besucher Reinhold von Krockow kennenlernen, der nach 1560 mit 1.500 selbst geworbenen kaschubischen Reitern die Hugenotten in Frankreich unterstützte und 1572 diesen Glauben in der Kirche in Krockow einführte (seitdem wurde dem Familienwappen die Lilie hinzugefügt) ;  oder sie begegnen Luise von Krockow, die um 1800 den damals berühmten weitläufigen Park mit einer Theaterbühne schuf, Johann Gottlieb Fichte für zwei Jahre als Hauslehrer anstellte und sich nachdrücklich um die Bildung und Ausbildung von Mädchen bemühte.

Ansonsten bleibt im kollektiven Gedächtnis freilich nicht der fleißige Landwirt, der die Erde bearbeitet, sondern vorzüglich der Draufgänger und Nichtsnutz :  Die bekannteste Person der Familie ist der „Wilde Graf“ Albert, der Sohn von Luise, der sich um nichts kümmerte und in den Jahren um 1800 abends wild im Fackelschein den Herrenberg – der heute auch auf Kaschubisch noch so heißt – , herunter galoppierte und sich später dort oben mit Pferd und Hunden begraben ließ. Dieser Albert soll später über eine Geschichte im Danziger Dampfboot (1838) Theodor Storm mit zur Figur des „Schimmelreiters“ inspiriert haben ;  und noch heute wird den Kindern in der Region gedroht :  „Wenn Du nicht hörst, dann kommt der Wilde Graf (Szalony hrabia).“

1945 gruben die Russen jedenfalls den Herrenberg auf, um an die legendären goldenen Hufe und weitere Schätze des Grafen Albert zu kommen, was allerdings ebenso erfolglos blieb, wie auch das Durchsuchen der Särge in der Krypta nicht zu Goldfunden führte. Enttäuscht feuerten die Rotarmisten Salven in die Sarkophage, deren Spuren dort noch heute zu sehen sind.

Wenige Kilometer südlich von Krockow fand 1462 die Schlacht bei Schwetzin (Świecino) statt, die jetzt jedes Jahr im ­August als Event der „Living History“ nachgestellt wird und viele Zuschauer anlockt. Eine interessante Gedenkstätte bietet zudem das südöstlich von Krockow gelegene Dorf Zdrada, übrigens wohl der einzige Ort in Kaschubien, der in den letzten 100 Jahren nicht (mehrmals) umbenannt worden ist. Hier befindet sich seit einiger Zeit ein Denkmal für Antoni Abraham, der 1918 zum amerikanischen Präsidenten Wilson nach Versailles fuhr, um von ihm die Unabhängigkeit der Kaschubei zu erreichen. Dabei beteiligte sich das Museum daran, die geschichtlich gesicherten Zusammenhänge dieser von vielen Legenden umrankten Initiative aufzuarbeiten.

Seit nunmehr 20 Jahren kooperiert die Stiftung Europäische Begegnung mit der Kulturstiftung Westpreußen. Auf dieser Grundlage entstand zugleich die Partnerschaft zwischen dem Regionalmuseum Krockow und dem Westpreußischen Landesmuseum, das damals noch in Münster-Wolbeck beheimatet war und 2013/14 nach Warendorf umgezogen ist. Auf welche Weise wird dieses wichtige (im Bereich des § 96 BVFG beispielhafte) Projekt einer deutsch-polnischen Zusammenarbeit von der deutschen und polnischen Politik gefördert und unterstützt ?  Wie gestaltet sich aus Ihrer Perspektive die Zusammenarbeit zwischen den beiden Stiftungen und den Museen insgesamt – und welche Potentiale sehen Sie hier für die nähere Zukunft ?

Das Museum der Stiftung in Krockow wird als Außenstelle des Westpreußischen Landesmuseums über die Kulturstiftung Westpreußen jährlich mit deutschen institutionellen Mitteln von 35.000 Euro von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) gefördert. Überdies erhält es – ebenfalls von der BKM – projektgebundene Zuwendungen über das Kulturreferat für Westpreußen, das Posener Land und Mittelpolen. Die polnische Seite fördert das Museum durch Projektzuschüsse und Sachmittel wie z. B. den Ausstellungsraum, das Büro und das Magazin. Im letzten Jahr hat die Gemeinde über 100.000 Euro zugunsten der Infrastruktur des Gebäudes und der Außenanlagen sowie des zwischen dem Museum und dem Schloss gelegenen Parkbereichs investiert.

Für die Zusammenarbeit der beiden Museen sind höchst förderliche Voraussetzungen gegeben, weil Grazyna Patryn in Polen wie in Deutschland hervorragend vernetzt ist und aus ihren bilateralen Kontakten attraktive Ausstellungsthemen gewinnt. So wurde beispielsweise auf der Basis von Erinnerungstexten, die das Warendorfer Museum für eine eigene Ausstellung zusammengetragen hatte, ein Projekt entwickelt, bei dem Vertriebene aus Deutschland mit Schulklassen der Gemeinde Krokowa zusammengeführt wurden und aus ihren jeweiligen unterschiedlichen Perspektiven heraus über die Ereignisse des Jahres 1945 und der anschließenden Jahrzehnte diskutierten. Welcher Erfolg diesen Aktivitäten beschieden ist, zeigen nicht zuletzt die Besucherzahlen des Museums und der Begegnungsstätte, die mit jährlich knapp 20.000 – ganz abgesehen vom deutlich niedrigeren Subventionsanteil pro Eintrittskarte – jedem Vergleich mit analogen Institutionen in Deutschland durchaus standhalten dürften.

Angesichts der vielfältigen Potentiale wäre es äußerst wünschenswert, wenn die Kooperation zwischen Warendorf und Krockow noch intensiviert würde und sich die „Außenstelle“ inhaltlich und auch personell noch enger mit der Kulturstiftung Westpreußen und dem Westpreußischen Landesmuseum verzahnen ließe. An der Entwicklung entsprechender Pläne würde sich auch der polnische Partner im Stiftungsrat, das Nationalmuseum in Danzig, beteiligen.

Um wenigstens auch ein wenig Zukunftsmusik anklingen zu lassen :  Ein konkretes, anspruchsvolles Vorhaben könnte beispielsweise eine eigene Museumsabteilung zur Katastrophe der Wilhelm Gustloff bilden, die nahe Krockow versenkt wurde. Dazu müsste der Nachlass von Heinz Schön angekauft und wissenschaftlich ausgewertet werden. Weniger aufwändig, aber ebenso zukunftsweisend wäre es, gemeinsam mit der Kulturstiftung Westpreußen in Krockow eine Dokumentationsstelle einzurichten, in der die Familiendokumente transkribiert, übersetzt und präsentiert werden könnten. Das Nationalarchiv Danzig stünde solch einem Unterfangen durchaus positiv gegenüber.

Dabei geht es freilich immer auch um die Finanzierung von Personalstellen und Sachmitteln. Krockow böte gute Bedingungen für das Einwerben auch von EU-Mitteln, bei deren Gewährung allerdings die Entscheidung letztlich beim Marschall der Wojewodschaft liegt – und hier wären wohlgemerkt auch die neueren politischen Einflüsse auf das polnische Museumswesen zu berücksichtigen.

Lassen Sie uns zum Schluss einen Blick in die weitere Zukunft werfen !  2039/40 werden in Krockow das 40-jährige bzw. 50-jährige Bestehen des Regionalmuseums und der Stiftung gefeiert : Wie haben sich diese beiden inzwischen entwickelt ?

Ob es gelingt, die bisherige Linie über die bald erreichten 30 Jahre hinaus fortzuführen, ist schwer vorherzusagen. Ein Scheitern ist ebenso möglich wie eine gute Weiterentwicklung. Das haben die Akteure der Stiftung vor Ort in der Hand ;  nur wenn sie sich intensiv für eine Perpetuierung einsetzen, gute Arbeit leisten und die Ministerien in Warschau und Berlin/Bonn überzeugen, kann dies gelingen. Ob dabei der richtige Gang im „galop-kasta“ eingelegt bleibt, ob es vorwärts geht oder statt „Hü“ eher „Brr“ gerufen wird – das ist nicht vorhersehbar.

Hoffentlich aber wird der Engel der Kaschuben wiederum eingreifen, der Gott schon um Perlen aus seiner Schatztruhe bat und damit die Seen und Schönheiten der Kaschubei entstehen ließ. – Sie, lieber Tilman Fischer, werden dies ja noch erleben !  Es wäre schön, Sie fänden dann andere Gesprächspartner, denen Sie ihre aktualisierten Fragen in dieser ansehnlichen Ecke der Kaschubei rund um Krockow stellen können. Heute danke ich Ihnen für Ihr Interesse !

Die Fragen stellte Tilman Asmus Fischer.